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CHAT LINES hat keine Handlung im herkömmlichen Sinn. Wie im Chat taucht der Hörer ein in den anarchischen Float der Cyber-Kommunikation. Unter der oszillierenden Oberfläche dieses Sprachgewirrs liegen wie Lebensadern verborgen die Lines: Dialoge, kleine Geschichten, die aus dem Chaos hervortreten, um gleich wieder im Indifferenten zu verschwinden. Einem dieser narrativen Einzelverläufe wird nachgespürt: der Begegnung von Sphex und Sunshine_17:
Sphex, Anfang 20, trifft in einem Chatroom auf Sunshine_17, Schülerin. Sie flirten und verabreden sich. Sunshine_17 taucht aber nicht mehr auf. Sphex sucht sie in allen möglichen Chatrooms; schließlich entdeckt er sie wieder: Sie ist jetzt älter, von Beruf Model, aus einer anderen Stadt und schon wieder am Flirten. Sphex vertreibt seinen Konkurrenten und knüpft an ihre alte Unterhaltung an. Doch die gelangweilte Sunshine taucht einfach in den Cyberkosmos ab. Zum Glück ist nebenan schon die nächste Party im Gange mit einem Haufen süßer Mädels ... So what?

Mit Sphex und Sunshine_17 switcht der Hörer zwischen wirklichem Leben und Web hin- und her, wechselt von einem Chatroom zum nächsten, zoomt sich in andere Lines. Realität und Cyberspace überlagern sich: findet das Treffen von Sunshine und Sphex wirklich statt, oder ist es nur das Wunschdenken von Sphex? Der Hörer verliert den Fixpunkt, ebenso wie Sphex...

Die Sprache im Chat ist oberflächlich und direkt, reduziert auf einen bestimmten Wortpool und Duktus, der eine Mischung aus Intimität und Enthemmung, Distanz, Sehnsucht und Verlorenheit zwischen den Usern spiegelt.

Immer wieder schnappen wir Bruchstücke aus dem Alltag auf; ein Gespräch zwischen Sunshine_17 und ihrer besten Freundin im Café, Stimmengewirr, Lachen, Musik bei einer Party; Statements zu Politik und Liebe, Geräusche, Klänge, die Leben suggerieren. Teils erkennen wir Stimmen wieder, war das nicht gerade Sunshine, und das Sphex ...? Dann ein Streit zwischen Sunshine und ihrer Mutter, ein Telefonat von Sphex mit einem Freund - all das Szenen, wie sie sich in in jeder Stadt zig mal pro Tag ab-spielen - aber indem sie zu den Chats in Beziehung gesetzt werden, zeigt sich, wie weit sich das echte Leben bereits der Kommunikation im Chat angenähert hat - oder umgekehrt: Hier wie dort wird nur noch gespielt, die zur Schau gestellten Gefühle und Begebenheiten sind nicht mehr "real". In den Usernames - so einfallsreich wie stereotyp zugleich - drückt sich die Sehnsucht aus, spielerisch und anonym verschiedene Identitäten auszuprobieren, sich einmal ganz neu zu erfinden, das eigene "multiple Ich" voll auszuleben. Was geschieht aber, wenn echte Gefühle in diese virtuelle Welt hineinschwappen ...?

Ursendung: 02.05.2003 DeutschlandRadio Berlin
SWR Baden-Baden, LoRa München, DLR Kultur, DRS2 Zürich, Radio Corax Halle ...